Wohnen in Yerevan – Geschichten aus dem Treppenhaus

Die Nachbarn gegenüber ... immer wachsam.

Die Nachbarn gegenüber ... immer wachsam.

Mein Wochende war eher ruhig bis langweilig. Samstag arbeiten und Sonntag ein wenig über die Vernissage schlendern. Aber mir sind die letzten paar Wochen bei mir im Treppenhaus ein paar Geschichten aufgefallen die ich kurz erzählen möchte.
Die von den Aufzügen hier zu lande hab ich wahrscheinlich schon erwähnt? Die in unserem recht modernen Bürogebäude funktionieren jedenfalls erstaunlich schlecht. Es sind 3, 2 chinesische von denen ich noch nie mehr als einen funktionieren sah. Also … sobald beide funktionieren fällt am gleichen Tag einer aus. Es gibt Geschichten, dass einer wohl im Mai ein paar Stockwerke runtergefallen ist, wobei den Insassen glücklicherweise nichts passiert ist. Mir selbst ist ein paarmal passiert, dass er stehenbleibt und sich nur durch gefühlvolles drücken verschiedener Stockwerkkombinationen zum weiterfahren bewegen lässt. Bis zum nächsten Stock, anschließend nehm ich dann meist doch die Treppe.
Jedenfalls gibt es bei mir im Wohnblock auch einen Aufzug, der für den 9ten, den 3ten und das Erdgeschoss anhält. Außerdem hat er Löcher im Boden, macht suspekte Geräusche und gelegentlich sind die Türen nur halb zu. Ich trau ihm nicht und nehm daher lieber die Treppen in den 7ten. Gutes Training soweit und wahrscheinlich in so einem Wohnhaus ganz normal. So kommt es jedenfalls, dass ich an den Haustüren meiner Nachbarn nicht vorbeifahr, sondern sie täglich sehe.

der nächtliche Blick zur Cascade... wenn man eh wach ist kann man auch Fotos machen.

der nächtliche Blick zur Cascade... wenn man eh wach ist kann man auch Fotos machen.

Ganz spannend eigentlich, was man da so mitbekommt, vor ein paar Wochen hatte das Paar unter mir einen Ehezwist den sie aus Rücksicht gegenüber ihren Kindern im Treppenhaus und später dann im Hof ausgetragen haben – nachts um 2-4. Gestern war ich sehr wochenendreif und wollte eigentlich dringend ausschlafen. Am Abend zuvor hatte ich noch probiert mich zu waschen, mal wieder kein Wasser gehabt und wohl vergessen den Hahn zu zudrehen. Also lief das Wasser in der früh (als wir wieder Wasser hatten) los. Hätte mich nicht geweckt, daher auch nicht gestört, aber die Tochter meiner Vermieterin wohnt über mir und hatte wohl die Idee ich hätte sowas wie nen Rohrbruch. Also stand ne Viertelstunde später meine Vermieterin Esmiralda klingelnd, klopfend und anrufend vor der Tür bis ich dann tatsächlich aufgemacht hab. Peinliche Situation irgendwie, sowohl für sie (war doch kein Rohrbruch und ich war offensichtlich gestört von ihr) als auch für mich (Wasser angelassen und in Unterhosen da stehend). Verständigung mit ihr ist eher schwierig (weil sie mit mir ne interessante Mischung aus Russisch, Englisch, Armenisch und ein paar Brocken Deutsch spricht) aber eigentlich ist sie ne unterhaltsame Person, bisserl resolut vielleicht, aber hilfsbereit.
Kurze Rede, langer Sinn – hier im Plattenbau bin ich meinen Nachbarn näher als mir lieb ist.
Eine andere Beobachtung hab ich letzte Woche nachts gemacht, bin etwas spät heimgekommen und eine der Türen im dritten Stock war offen. Nachts heimkommen ist in unserem Treppenhaus ein kleines Abenteuer, weil es nur im 2ten und im 6ten Stock Licht gibt und einige der Betonstufen schon recht verwittert sind. Also … ist das Treppensteigen mehr ein vorsichtiges vorantasten manchmal mit Hilfe des Handylichts. Aus der offenen Tür kam jedenfalls flackerndes Licht einer Kerze und so im Halbdunkel sah der Raum nicht besonders groß aus. Dachte… vielleicht ein Hausmeisterkämmerchen und wollte schauen wo da das Licht herkommt. War keine Kammer für Werkzeuge war eine Wohnung bzw ein kleines Zimmer voll Gerümpel. Und als ich meinen Kopf in Richtung Tür steckte fing eine alte Frau die neben der Kerze saß an zu reden. Schock! Die war davor in all dem Kruscht quasi unsichtbar. Erinnerte mich an so ein Marienbild wo sie auch nur im Licht einer Kerze dargestellt ist… nur dass es plötzlich zu reden anfängt. War aber so als nächtliche Begegnung eher unheimlich – zumal ich auch nichts entgegenen konnte außer „pakha“ (tschüss).

Hundemist im Treppenhaus

Hundemist im Treppenhaus

Die letzte Geschichte aus dem Treppenhaus geht um meine Nachbarn im 5ten Stock. Die haben einen Hund oder ein anderes Tier das kleine Würste kackt. Dieses führen sie nicht etwa Gassi, sondern lassen es einfach vor die Türe… nicht vor die Haustüre sondern vor die Wohnungstüre. Also verrichtet das arme Viech sein Geschäft im Treppenhaus. Was für mich dem nächtlichen Treppensteigen eine weitere Gefahrenquelle hinzufügt … und irgendwie frage ich mich, wie das eigentlich kommt, dass die Leute die da leben sich nicht dran stören dass es vor ihrer Wohnungstüre aussieht … wie in nem Katzenklo ohne Sand und entsprechend riecht. Bekommen die keine Gäste? Selbst wenn… irgendwann müssen sie ja wohl selbst aus der Wohnung gehen. Vielleicht sind die Bewohner ja krank, das geht ja leise im Vergleich zu dem Ehekrach. Ich mit meinen 10 Wörtern armenisch kann ja nicht klingeln und fragen … daher bleibt es bei der Mutmaßung.
Jetzt hab ich auch erstmal wieder genug über die mir größtenteils unbekannten Nachbarn gelästert und muss wohl wieder zurück an die Arbeit.

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7 Antworten auf Wohnen in Yerevan – Geschichten aus dem Treppenhaus

  1. … schön!! zufälig gefunden … habe geschmunzelt bei einigen beiträgen … bis später!

  2. erselber sagt:

    Freut mich, hab auchmal zu deinem Blog verlinkt. Ist mein erster Backlink bisher… cool 😉

  3. christo sagt:

    Schoener Blog. Hab ein bischen drin geschmoekert. Stimmt alles. Kommt mir sehr bekannt vor. Bin uber den GeorgienBlog hergekommen. Viel Spass in AM weiterhin!

  4. FBWF sagt:

    Schon lustig bei dir wie oft kommt das eigentlich vor das ihr kein wasser habt?
    So richtig rotz besoffen solltest du dann aber nicht durch euer treppenhaus laufen.
    wäre auf jeden fall nix wo patrick du und ich mal richtig einen drauf machen sollten 🙂

  5. Janet sagt:

    Das hört sich nach lustigen Wohnerfahrungen an. Grüßlis aus München J

  6. Stefan sagt:

    *hehe … Nette Storys :). Muss ne Hausaufgabe für die Bewerbung an der HS Dortmund zum Thema „Geschichten im Treppenhaus“ machen – nette Inspiration Deine Geschichten.

    Viele Grüße aus Fulda

  7. erselber sagt:

    Ja, mir war schon aufgefallen, dass es letzten Monat einen Traffic Peak gab… 80 Leute hatten diesen Artikel ab 5.3.2010 gegoogelt. Aber schön wenn es euch irgendwie nützt. 😉

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